"Ferien im Jurameer" auch im Stadtgebiet Balingen

Dotternhausen/Balingen. Neunzehn Kinder nahmen am Kooperationsprojekt „Ferien im Jurameer“ der Sparkassenstiftung Umwelt+Natur und des Fossilienmuseums der Holcim (Süddeutschland) GmbH teil. Die elfte Auflage der dreitägigen Veranstaltung führte die Gruppe zu geologischen Besonderheiten rund um die Stadt Balingen. Dazu gehörte auch eine Wanderung durch das Waldgebiet Binsenbol. Dort lernten die jungen Naturfans die Superhelden wasserstauender Tongesteine kennen: Frösche, Kröten und Unken.

Geologie zum Anfassen entlang der Eyach

In der zweiten Ferienwoche hatten sechs Mädchen und dreizehn Jungen gleich zu Veranstaltungsbeginn kniffelige Aufgaben zu lösen. Dafür hatte Gesteinsexpertin Dr. Annette Schmid-Röhl vom Holcim Fossilienmuseum einen Fragebogen zu Baumaterial und Gesteinen von Brücken, Wegeinfassungen und Skulpturen entlang des ehemaligen Gartenschaugeländes entworfen. Bei hochsommerlichen Temperaturen lernten die Kinder auf ihrer Tour spielerisch verschiedene Gesteinsarten wie Granit, Sandstein und Kalkstein und deren Verwendung kennen. Endpunkt der Stadttour war das „Hirschgeweih“ im Mauerwerk der Balinger Stadtkirche. Geowissenschaftlerin Janina Wypich, ebenfalls vom Fossilienmuseum, klärte das staunende Schülerpublikum auf: Das ästige Kunstwerk ist keine Bildhauerarbeit, sondern ein ungewöhnliches Spurenfossil: Krebsgänge sind vor vielen Millionen Jahren im Sandstein als Versteinerung erhalten geblieben.

Auf den Spuren der Burg Hirschberg

Am zweiten Exkursionstag stand eine Wanderung durch das Waldgebiet Binsenbol am südöstlichen Stadtrand von Balingen auf dem Programm. Dort hat der wasserstauende Opalinuston ein Paradies für feuchtigkeitsliebende Pflanzen und Amphibien geschaffen. Doch zuerst ging es mit den Kindern auf den Hirschguldenweg. Dieser sagenumwobene Pfad führt zur ehemaligen Burganlage Hirschberg. Der Weg schlängelt sich über Baumwurzeln durch Fichten und Buchen, entlang von Brennnesseln und Brombeergebüsch durch unwegsames Gelände. Die jungen Abenteurer marschierten über Stock und Stein, kletterten über umgefallene Bäume bis sie zu einer mit Totholz bestandenen Hochfläche gelangten. Hier könnte die Burg Hirschberg gestanden haben. Doch leider waren keine Reste des Mauerwerks zu sehen. Nur die Senken um die Hochfläche deuteten auf den ehemaligen Burggraben hin. Wahrscheinlich wurde die Burg schon vor vielen Jahrhunderten geschleift und die Steine für den Bau der Balinger Friedhofskirche verwendet. Aus dieser Zeit stammt auch die mittelalterliche Sage vom Hirschgulden, die den dramatischen Wertverfall des regionalen Zahlungsmittels thematisiert. Die Freude über das erreichte Ziel währte nur kurz: Rote Waldameisen hatten das Totholzparadies schon vor den Besuchern in Besitz genommen und zeigten mit ihren starken Kiefern, wer hier das Sagen hat. Dem Exkursionsteam blieb nur der rasche Rückzug.

Superhelden auf dem Binsenbol

Der Name des Waldgebiets Binsenbol ist Programm: Feuchtigkeitsliebende Pflanzen wie Seggen und Binsen fühlen sich auf den nassen Ton- und Lehmböden pudelwohl und bilden überall dichte Horste. In den Gräben und Tümpeln am Wegrand staut sich das Wasser. Dort sind Tiere mit besonderer Überlebensstrategie zu Hause: Kröten, Unken und Frösche. Für ihre Kinderstube brauchen die Amphibien Wasser. Das ist in den feuchten Senken des Binsenbols fast ganzjährig zu finden. Wenn die Entwicklung zum erwachsenen Amphib abgeschlossen ist, verlassen sie als Grenzgänger ihren Tümpel und überwintern in den umliegenden Wäldern. Ihre einzige Schwachstelle ist die empfindliche Haut, die nie austrocknen darf. Deshalb stehen die Amphibien unter strengem Schutz. Nur mit einer Ausnahmegenehmigung der Unteren Naturschutzbehörde konnte Stiftungsökologe Hannes Schurr die Tiere dem Wasser entnehmen und den Kindern zeigen. Die gelb-schwarz gefleckte Unterseite der Gelbbauchunke faszinierte die jungen Exkursionsteilnehmer besonders. Bei Gefahr legt sich die Unke auf den Rücken und warnt mit ihrer gelb-schwarzen Haut Beutegreifer vor ihrer Giftigkeit.

Hirschgulden - Kunst mit Opalinuston

Dass Ton ist ein tolles Arbeitsmaterial ist, davon konnten sich die Kinder auf dem Binsenbol selbst überzeugen. Dafür suchten die Teilnehmer in Gräben und unter Baumwurzeln nach dem formbaren plastischen Material. Mit großer Begeisterung pressten die Kinder den braunen, grauen und ockerfarbenen Ton in Papierringe. Dann wurden die runden Tontaler noch mit Blättern, Schneckenhäusern und Zapfenschuppen verziert und zusätzlich Muster eingraviert. Zum Trocknen wurde das zukünftige Zahlungsmittel in die Sonne gelegt. Am letzten Exkursionstag wurden die sogenannten Hirschgulden noch mit bunten Fingerfarben bemalt.

Naturerlebnisse machen stark

Geowissenschaftlerin Alexandra Kischkel-Bahlo von der Umweltstiftung ist überzeugt, dass alle Kinder von den vielen Naturerlebnissen profitierten. Körperliche Anstrengung durch Wanderungen querfeldein, hautnahe Begegnungen mit unterschiedlichen Tierarten, Kennenlernen der geologischen Besonderheiten und kreative Handwerksarbeiten machten einen nachhaltigen Eindruck auf die jungen Outdoorfans. Diese vielfältige Wissensvermittlung zeichnen die „Ferien im Jurameer“ seit über 10 Jahren als besonders wirkungsstarkes Projekt aus.

Zum Schluss möchte das Exkursionsteam noch von den jungen Teilnehmern wissen, was am Schönsten war: „Alles!“ schreien die Kinder wie aus einem Mund. Die Kooperationspartner der Umweltstiftung und des Fossilienmuseums sind zuversichtlich, dass es auch im nächsten Jahr eine neue Auflage der Entdeckertour geben wird.

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Bild 1: Die versteinerten Krebsgänge waren Höhepunkt der Steinrallye durch Balingen
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Bild 2: Über Stock und Stein auf dem Hirschguldenweg
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Bild 3: Eine Gelbbauchunke wird behutsam für kurze Zeit aus dem Wasser genommen
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Bild 4: Bunte Hirschguldentaler
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Bild 5: Die Exkursionsteilnehmer bei der Abschlussveranstaltung

  

Text und Bilder: Alexandra Kischkel-Bahlo

Stand: 13.08.2024

Alexandra Kischkel-Bahlo 
Leiterin der Stiftung Umwelt und Natur 
Widumstr. 39 
72469 Meßstetten-Oberdigisheim 
Telefon: 07433 137425 
Alexandra.Kischkel-Bahlo@spkza.de 
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